Schneefliegen in Wilsche

Geschrieben von Webmaster am .

Norddeutschland ist ja wettertechnisch eher weniger für extreme Temperaturen bekannt, sondern mehr für maritimes Klima mit mäßig kalten Wintern. Ende Januar 2021 macht jedoch ein Skandinavienhoch in Kombination mit feuchter Luft aus Südwest eine Ausnahme: Schnee fällt endlich mal wieder, gerade genug, dass alles weiß ist, aber nicht so viel, dass alles darin versinkt.

   

Freude allerseits :-)

Dass es dann auch noch strahlend sonnig wird, sorgt für einhellige Freude bei den kleinen und großen Vereinsmitgliedern. Der Tag wird uns noch eine Weile im Herzen bleiben, so viel steht fest. Lest selbst Martins Bericht und genießt die seltenen Eindrücke...

Ein Tag voller Freude...

Es ist Winter. Im Jahr 2021 in Norddeutschland. Dieser fällt in den letzten Wochen nicht nur ohnehin recht feucht und grau aus. Ja, die Landschaft kann die Feuchte brauchen, aber wir? Zudem sorgen die Kontaktbeschränkungen infolge von Corona für eine exponentielle Steigerung von Tristesse und Monotonie auf der einen Seite und Planungsunmöglichkeit auf der anderen. Tage gleichen sich so, wie das einförmige Grau des Himmels in den letzten Wochen, Tage werden ununterscheidbar. Momente der Abwechslung werden da sehr gern angenommen.

Ein solcher Tag bahnt sich Ende Januar an. Über Skandinavien gibt es ein kleines Hoch, das uns mit Kaltluft versorgt. Dazu kommt etwas feuchte Luft aus Südwest, was die korrekte Mischung für ein wenig Schnee abgibt. Am Samsttag, den 30. wird es schon weiß, aber nocht nicht so kalt. In der Nacht kommt dann die Kälte und noch ein paar Flocken fallen vom Himmel. Früh sind es knapp -10°, als sich einige Vereinsmitglieder auf den Weg machen.

Schon auf dem Weg dahin ist die Landschaft wunderbar verzaubert: Durch die Strahlungskälte in der Nacht haben sich in Gifhorn und auf dem Flugplatz große Rauhreifkristalle an den Pflanzen und Bäumen abgesetzt. Dazu ist der Himmel stahlblau und die Sonne scheint, so dass die großen Kristalle wie Diamanten beim Vorbeigehen blinkern.

 

Zentimetergroße Eiskristalle an den Büschen neben dem Flugplatz

Weißer Schnee, blauer Himmel, strahlende Sonne. Was will man mehr?

Auch auf dem Rainfarn sitzen große Eiskristalle

...für die Kleinen...

Da man dieses Jahr auch nicht in die Alpen zum Skifahren reisen kann, nutzen wir also die Gelegenheit der Stunde. Nico hat Papas Tiguan mit Allradantrieb mitgebracht, der uns hier die Berge zum Ski- und Schlittenfahren ersetzt.

Ein Tiguan, zwei Schleppseile aus dem LEPO und schon kann man Skifahren

Mit den Schleppseilen habe wir dabei auch kein Problem, uns aus dem Weg zu gehen, die sind lang genug :-)

Die Kinder auf dem Schlitten hinter dem Auto

Manch anderer muss dann mal Pause machen. Auch, wenn das Auto zieht, ist es anstrengend, sich permanent mit einer Holzlatte als Griff am Seil festzuhalten. Enge Kurven, in denen man sich dann nach Außen versetzen lässt, wirken wie eine Steinschleuder. Esther hat daran sichtlich Spaß...

Joel beim Ausruhen auf dem Schlitten

"Nochmal, nochmaaaaal" hören wir dann helle Kinderstimmen rufen. Obwohl sie bestimmt schon Stunden unterwegs sind, bekommen die Kinder kaum genug. Nico hat ein Einsehen und lässt den Tiguan wieder an

Schlittenfahren in weißer Watte

   

Die Kinder in ihrem Element

...und auch die Großen :-)

Doch auch die "Großen" kommen ins Grübeln. Hatten wir erwähnt, dass Flieger nie erwachsen werden? Steffen, David und Martin stehen gebannt da und überlegen. Hmmm, der Schnee ist schon so 12cm tief, wie man am Hinterrad des Autos sieht. Geht das, dass man da mit dem Flugzeug, rollen, starten und landen kann?

Der Reifen ist im Schnee versunken, so 12cm sind es schon...

So recht trauen wir der Sache nicht, aber was kann passieren? Das Schlimmste ist, wenn der Schnee beim Start zu arg bremst. Dann kann man an sicherer Stelle das Gas rausnehmen und muss eben das Flugzeug wieder in die Halle stellen. "Das will ich jetzt wissen, da hab ich schon so lange drauf gewartet" meint Steffen und wir ziehen Ultraleichtflugzeug "Rudi" aus der Halle.

"Erstmal unternehme ich aber ein paar Rollversuche, um zu schauen, wie es geht. Tanken müssen wir eh noch." spricht Steffen, startet den Motor und lässt warmlaufen. Danach rollt er vor der Halle durch den Schnee und dreht ein paar Pirouetten. "Das geht, man braucht zum Rollen nur eine Ecke mehr Gas" kommt der Kommentar, als er vor der Tankstelle steht.

Rollversuche mit dem Flugzeug - es geht

Danach rollt er an den Start, Zündkreistest und das Gas wird reingeschoben. Mit einer Schneewehe hinter den Rädern beschleunigt das Rentier und alle schauen gespannt auf den Startlauf...

Steffen beim Beschleunigen

Es dauert ein paar Meter länger, als wir es kennen, dann hebt das kleine Flugzeug ab und steigt in den blauen Himmel. Vor den verschneiten Bäumen gibt das ein herrliches Fotopanorama.

In der Luft!! Und der Schnee fällt noch aus den Radverkleidungen...

David Bente und Arne ist das auch nicht entgangen. Sie hatten heute vor, mit der Dimona noch eine Runde zu drehen und bereiten das Flugzeug vor.

Einräumen der Dimona

Kurze Zeit später geht auch der Motor der Dimona an und das Flugzeug rollt zum Start. Warmlaufenlassen, Zündkreistest und Propellerverstellung werden noch geprüft, dann geht es los, David beschleunigt...

In einer Schneewolke beschleunigt auch die Dimona

Hier zeigt sich dann der Masseunterschied der beiden Flugzeuge. Die Dimona ist locker 200kg schwerer, entsprechend dauert es länger, bis sie die Abhebefahrt hat und sie sinkt tiefer in den Schnee. Einen ersten Startversuch bricht David dann ab. Auch der zweite misslingt leider, die Abhebegeschwindigkeit wird nicht erreicht. "Schade, nix zu machen, dann wird das heute nix" kommentiert David die Sache trocken. "Noch einen Versuch unternehme ich nicht, kommt ein anderer Tag." Auch wenn es manchmal wehtut, so zeichnet es einen guten Flieger aus, auch einmal das Flugzeug wieder in die Halle zu stellen, wenn es nicht sein soll.

Kurze Zeit später landet Steffen wieder. "Der Schnee bremt spürbar, aber das ist problemlos. Fühlt sich an, als ob man in Watte reinfällt." kommt seine Einschätzung nach der Landung und grinst David Tempel an. "Bei den Aussichten müssen wir nochmal hoch, das ist einfach zu schön". Dann hocken sich die beiden ins Flugzeug und wir bekommen noch einen Schneestart zu Gesicht.

Nach der Landung zum Vereinsheim rollen...

Nach einem Besuch im Harz kommen die beiden nach knapp zwei Stunden wieder in Wilsche an. Dann ist Artikelschreiber Martin an der Reihe, der schon die ganze Zeit sehnsüchtig wartet und den Kindern zuschaut. Arne nimmt das Angebot von Martin dankend an, auf dem Rücksitz von Rudi Platz zu nehmen. So rollen auch die beiden an den Start, Klappe auf die 2 und Martin schiebt das Gas rein. Kurz darauf können also auch wir einen Blick auf ein verschneites Niedersachsen erhaschen... Traumhaft, fürwahr!!

Blick nach Südwesten über schneeweiße Felder...

Auf dem Weg nach Süden kommen wir auch an unserer Wahlheimat Braunschweig vorbei. So habe ich die Stadt auch noch nie gesehen...

Braunschweig mit dem Flughafen in winterlichem Weiß

Das Stahlwerk in Salzgitter

Schnurstracks fliegen wir dann Richtung Harz, um einmal einen kleinen Blick auf die Berge zu erhaschen. Natürlich darf dabei das Pflichtfoto von der höchsten Erhebung in Norddeutschland, dem Brocken, nicht fehlen. Ob es nun die Brockenhexe war, die ihren Wettereinfluss geltend machte, oder wer auch immer, wir freuen uns über den seltenen Tag und genießen die Aussicht...

Blick auf den Brocken

Auch eine Reihe Ausflügler hat den Berg bestiegen und genießt die Sonne. Wir glauben derweil, sie da unten nach unserem Flächenwackler auch winken sehen zu können.

Der Blick auf den Horizont zeigt jedoch, dass auch dieses Vergnügen endlich sein muss. Die Sonne steht nur noch knapp über dem Horizont, im Cockpit wird es mangels Einstrahlung merklich kalt und wir wollen auch nicht unbedingt in stockdustrer Finsternis einräumen. Also begeben wir uns auf den Heimweg und statten Wolfsburg und Gifhorn noch einen kurzen Besuch ab.

Abendstimmung über Norddeutschland im Winter

Faszinierend zu sehen ist, auf wievielen Felden verknotete Autospuren zu sehen sind. Offenbar sind nicht nur wir auf die Idee gekommen, Schlitten, Ski- und Snowboardfahrer am Strick hinter dem Auto herzuziehen...

Einige Zeit später sind wir wieder zu Hause und können den Fluglatz schneebedeckt aus der Luft fotografieren.

Der Flugplatz Wilsche schneeweiß

Aber was sind das für drei kleine schwarze Punkte? Martin sinkt etwas ab und schnappt sich die Kamera... Tatsächlich, die Jugendgruppe kann nicht davon lassen und fährt weiter Ski hinter dem Tiguan...

Noch eine letzte Runde mit den Ski durch den Schnee

Da es nun wirklich dämmerig wird, beschließen wir, einzuräumen. Die einen stellen die Flugzeuge in die Halle und der Rest verstaut Ski, Schleppseile und Schlitten an Ort und Stellen, wo alles hingehört. Danach treten wir zufrieden den Heimweg an.

So viel steht fest, dieser Tag war ein Fest für groß und klein und wird uns noch lange in Erinnerung bleiben...