Hammerwetter mit Herausforderungen
Letztes Jahr fanden wir das Wetter schon nicht so prall, wie es denn sein könnte. Grund dafür war eine Großwetterlage, bei der sich der Jetstream, eine schnelle Höhenströmung am der Grenze der Troposphäre, eher in einer nach Süden ausgerichteten Schlaufe über Mitteleuropa bewegt. Diese als Höhentrog bezeichnete Wetterlage zeichnet sich dadurch aus, dass kalte Luft bis in große Höhe vorreicht und meist ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen in kurzer Zeit über unsere Köpfe zieht. Das bringt dann viel Regen, Wind und dunkle Wolken - nichts, was einem Lust auf Segelfliegen bereitet. Leider hat sich daran seit Monaten kaum etwas geändert, so dass auch im Jahr 2024 die guten Tage rar und einzeln sind.
Einen solchen Tag versprechen die Wetterberichte für den 09.06.2024. Sowohl Wetter-jetzt, als auch skysight versprechen mit zwei unterschiedlichen Wettermodellen große Flugdistanzen und es sieht aus, als hätte man den gesamten Farbkasten über dem Fluggebiet ausgegossen. Da kommen wir auf Gedanken, große Flüge zu unternehmen. Es soll Wind geben und damit Wolkenstraßen genannte Aufwindreihungen, die schnelle Schnittgeschwindigkeiten versprechen.
Streckenplan einer 1000km Zielrückkehrstrecke Richtung Pila. Ob das geht??
Wie immer, bleibt von der Vorhersage meist nicht mehr das gesamte Potential übrig, je näher der Tag kommt. Ein Wetterbericht bleibt optimistisch, die anderen beiden korrigieren auf 600-800km potentielle Flugdistanz herunter. Zudem soll nur ein schmaler Streifen richtig gut sein, der Rest entweder zu feucht, oder zu trocken.
Besser man hat, als man hätte, denken wir uns und fangen schon am Vortag an, viele Flugzeuge aufzubauen und draußen stehen zu lassen. Auch Flugzeugschlepppilot Steffen lässt sich überzeugen, schon um 0930 Lokalzeit abflugbereit zu sein.
Am Morgen des 09.06. ist die Front, die uns am Abend vorher erreicht hat, durch und die Luft kalt und klar. Erste Wölkchen zeigen sich schon beim Frühstück aber wir merken schnell, dass der Tag doch etwas später losgeht. Kurz vor 10 startet der Vereinsarcus, gefolgt von einer ganzen Reihe anderer Flugzeuge. Erst ziehen die Wolken kaum und es ist nicht einfach, oben zu bleiben. Zudem stellen sich bis zu 30km/h Wind ein. Das Satellitenbild sagt einen nutzbaren Streifen nach Nordosten Richtung Pasewalk voraus, also machen wir uns auf den Weg. Webmaster Martin ist mit David mit der Stemme unterwegs. Dort kommen wir bei der Richtung am Müritz Airpark entlang...
Müritz Airpark mit der Müritz im Hintergrund
Auf dem Weg nach Nordosten kommen wir brauchbar voran, aber es wird schnell deutlich, dass der Tag nicht zu einem 1000km Erlebnis reicht. Es ist ziemlich feucht allerorten und nur jede zweite bis dritte Wolke geht brauchbar. Mit dem Wind von hinten sind wir irgendwann bei Pasewalk kurz vor der polnischen Grenze.
Die Ostsee beim Blick Richtung Usedom von Pasewalk aus
Dann tauchen im Flarmradar der Stemme bekannte Kennzeichen auf: GF und OY. GF ist unser Vereinsarcus mit Maurice und Frank. OY ist eine DG800 von Julius, der beim LSV Gifhorn seine Ausbildung gemacht hat und der inzwischen beruflich bei Hamburg unterwegs ist. Es ist ein unabgesprochenes Vereinstreffen bei Pasewalk, offenbar hatten wir alle die gleiche Idee :-)
Die Stemme, der Arcus und die DG800 treffen sich in Pasewalk :-)
Da auf der polnischen Seite Lufträume liegen und die Wolken hier immer tiefer werden, beschließen wir zu wenden. Inzwischen ist durch den höheren Sonenstand auch das Wetter besser in Gang, so dass wir sogar gegen den Wind besser vorankommen, als wir beim Hinflug dachten. GF und die Stemme sind dabei eine ganze Zeit in loser Formation unterwegs und der Schnitt bleibt bei knapp 100km/h.
Rückflug anch Südwesten: Der Arendsee rechts neben uns
Das Spiel geht dann noch bis kurz vor Celle, als die Wolken immer dicker werden, weswegen wir mit Arcus und Stemme wenden. Ziel war, die Reihung noch etwa bis Stendal abzureiten und dann mit irgendetwas um die 700+km wieder in Wilsche zu sein. Leider treffen wir mit der Stemme bei Stendal nichts mehr an und müssen den Propeller aus der Garage holen und mit Motorkraft nach Hause fliegen. Julius ereilt mit der DG ein ähnliches Schicksal auf dem Rückweg aus Pasewalk. Von dem Dreierteam schafft es nur der Arcus, die 700 zu knacken, er muss dann aber auch bei Gardelegen den Motor werfen, weil die Thermik nichts mehr hergibt. Hier die Flüge im weglide zum selbst übereinanderlegen: Arcus (GF), Stemme (CL) und DG800 (OY)
"Ich hab nicht ratteln müssen" spricht Marianne sichtlich zufrieden, als sie uns erzählt, dass es südlich um Berlin rum bis 800km gereicht hat. Respekt, danach sah das Wetter erst gar nicht aus. Daneben waren auch noch eine weitere Reihe an Vereinsmitgliedern unterwegs, die Strecken zwischen 300km und knapp 600km absolviert haben. weglide ASG-29 (RO)
Nicht ganz zufrieden war Dennis Polej, der eigentlich auch eine große Runde um Berlin geplant hatte. "Ich war der erste, der heute seinen Flug in weglide gestellt hat!" stellt er mich einem Lachen fest. Wie das denn? "Nunja, mich hat der Weg nur bis kurz hinter Wittingen geführt, dann saß ich auf dem Acker. Thermisch ging da nichts" klärt er uns auf. Macht nichts, dann ist er eben noch etwas mit dem Ultraleichtflugzeug herugeflogen.
Einer läuft am Abend noch grinsend herum: Flugschüler Danny Otto. "Eigentlich wollte ich nur meine meteorologische Überlandeinweisung fliegen" teilt er uns mit, "aber dann hat mich Steffen agitiert, gleich noch die 50km Alleinflugstrecke dranzuhängen". So kam es dann auch: Die meteorologische Einweisung fand mit der DG500 des Vereins mit Jungfluglehrer Felix Smit statt und dann wurde sofort Astir E7 fertiggemacht, so dass Danny kurze Zeit später in Gardelegen angekommen ist. Ein Rückschlepp beschloss dann den Tag für alle und man konnte den Vereinsmitgliedern noch eine Weile beim zufriedenen Fachsimpeln über die Eindrücke des Tages zusehen...