2015 Vlnovy Kemp Mikulovice

24.10.: Autofahren...

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Vom 24. Oktober 2015 bis zum 08. November steht bei uns - David und Martin - ein kleines Wellenfluglager im tschechischen Mikulovice im Altvatergebirge auf dem Plan. Dort kann man, die Vorderseite eines sich über Deutschland austobenden Herbststurmtiefs vorausgesetzt, auch kurz vor dem einsetzenden Winter noch einmal das Erlebnis des laminaren Segelfluges genießen.

Heute ist Anreisetag und wir begeben uns mit Martins Ringträger und einem riesig erscheinenden Anhänger auf die Fahrt.

Abfahrbereit und voller Vorfreude auf dem DLR Gelände

Die Fahrt an sich ist notwendiges Übel, wie man es eben kennt. In Polen gibts leider einen längeren Stau, weil sich ein paar Autos in der Gegenspur verbissen haben und Sprit bis auf unsere Seite ausgelaufen ist. Die Nummer kostet uns mehr als eine Stunde. Zeit, danach ein kleines Picknick abzuhalten.

Kaffee weckt die Sinne!

Schließlich sind wir am Abend an unserem Ziel angekommen, nachdem uns der Duft brennender Braunkohlefeuerungen in Polen an unsere Kindheit erinnert hat. Der Rest der Tour geht dann glatt von der Hand und wir werden sogar noch von den anderen zu Chili con Carne eingeladen. Das lassen wir uns nicht entgehen. Morgen sind die Vorhersagen leider mäßig, also lassen wir uns ein Willkommensbier schmecken.

25.10.: Technischer Dienst

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Diese Nacht gab es noch die Zeitumstellung auf Winterzeit. Angesichts der Tatsache, daß für den Segelflieger eh die Sonne und nicht irgendwelche menschengemachten Anzeigeinstrumente den Tagesgang bestimmen, fragen wir uns, wann dieser lediglich nervige Unsinn mit der Umstellerei endlich wieder abgeschafft wird...

Nunja, leider hat sich das Wetter an die Vorhersage gehalten. Niedrige Wolken und schwacher Wind aus Nordwest - entlang der Berge - lassen keine Hoffnungen auf einen Flugtag. Damit wir später nicht in Panik verfallen müssen, bauen wir dennoch unseren Luxusdampfer auf und verstauen die erforderliche Technik. Mit Sauerstoffanlagen, Navigationselektronik, der Ausstattung der Geräte mit den notwendigen Dateien und diversen anderen Kleinigkeiten bekommt man so auch ein paar Stunden gefüllt.

Da hockt der Arcus mit Schlafanzügen in Erwartung seines Einsatzes

Sonst ist heute nicht viel weiteres passiert, was die Niederschrift lohnt.

26.10.: Wandertag zum Šerák

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Gestern Abend haben wir noch einmal die einschlägigen Orakel zum Wetter befragt. Leider stimmen sie recht genau überein und auch die linke große Zehe hat keine andere Bewertung der herrschenden Lage verfügbar - heute wirds nix. Der Kern eines Hochdruckgebietes liegt direkt über uns. Was im Sommer oder Frühjahr Panik auf dem Platz auslösen würde, sorgt hier für griesgrämige Gesichter. Die schöne Sonne nutzt nämlich ohne Wind nichts, da man sich so nicht halten kann. Auf dem Platz ist es völlig windstill.

Windstille auf dem Platz - kein Lüftchen regt sich

In Anbetracht dieser Tatsache haben wir uns heute eine Wanderung auf den Šerák, einen Berg im Massiv des Altvatergebirges vorgenommen, um den schönen Tag dennoch zu nutzen. Das bedeutet ca. 20km Wanderung, bei denen insgesamt ca. 800 Höhenmeter überwunden werden müssen. 

Unterwegs zum Šerák

Der Weg führt uns da weite Strecken auf dem Kamm des Altvatergebirges entlang - diesmal nur nach Westen, nachdem wir letztes Jahr vom gleichen Startpunkt der Paßstraße nach Osten zum Praded gelaufen sind. Wunderbare Aussichten, z.B. ins nahegelegene Jesenik, sind da natürlich zu erwarten und auch ganz bewußt einkalkuliert!

Blick über schöne Herbstlandschaften ins Tal nach Jesenik

Angekommen am Gipfel des Šerák gab es dann für jeden ein Bier, Bohnensuppe und - angesichts der doch herbstlichen Temperaturen - einen heißen Kakao. So gestärkt haben wir uns auf den Rückweg begeben, da der Sonnenuntergang auch nicht mehr so weit entfernt ist. Dennoch blieb noch Zeit für ein Picknick mit heißen Würstchen von Martins Benzinbrenner.

 

Kurze Pauise vor dem letzten langen Abstieg

Danach war der Tag etwas eher mit einer halben Rolle in die Waagerechte beendet - morgen deutet sich ein eventuell fliegbarer Tag an.

27.10.: Uhrmacherwelle

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Nein, mit diesem Titel ist kein mechanisches Bauteil gemeint, das in historischen Zeitmessern vielleicht verwendet worden ist - eher ist dies auf die Winzigkeit der wellenden Bewegung in der Luft bezogen. Holen wir doch etwas weiter aus...

Gestern war der Wetterbericht der Meinung, daß der Wind ein wenig auffrischen sollte, so daß die Möglichkeit für Wellenbildung besteht. Also haben wir beschlossen, es mal zu probieren. Nach dem Frühstück wurden also in aller Ruhe die Flugzeuge zusammengepuzzelt und auch wir haben unseren Dampfer aus den Schlafanzügen geschält. So der richtige Brecher wird es sicher nicht, so viel stand schon zu dem Zeitpunkt fest, allerdings waren wir alle zusammen derart fluggeil, daß wir es probieren mußten. 

Als Eigenstarter haben wir dann die Rolle des Wellenschnüfflers übernommen. In 800m über dem Platz wird es endlich wieder leise hinter uns, doch wie wir es drehen oder wenden, mehr als Höhe halten in einem kleinen Rotorband neben dem Flugplatz ist nicht drin. Hmmm... was nun. 

Sprit ist noch genug im Tank, Ambitionen gibt es auch und Richtung Praded könnte eventuell noch eine Welle stehen. Also schmeißen wir noch einmal den Rattel heraus und gönnen uns ein paar Höhenmeter Fossilwelle, um zumindest ein paar schöne Ausblicke zu haben.

Über den Wolken... muß die Freiheit ja grenzenlos sein... oder so...

Die gibt es tatsächlich, doch viel Zeit zum Genießen bleibt nicht. Das Vario will einfach nicht in den positiven Bereich der Anzeige schwenken, wie wir es auch anstellen, wir können nur das Unausweichliche verzögern. Deswegen probieren wir es noch, direkt an die hohe Kante des Praded zu kommen. Etwas Rotorengeblubber gibt es da, aber einen wirklichen Tritt in den Hintern bekommen wir nicht, selbst, als wir fast am Berg waren. Der hatte da nur 4m Saufen am Start, so daß wir uns dann schnell verdünnisieren mußten. 

Rotorwölkchen bei Jesenik

Mit der Höhe, die uns dort noch blieb, haben wir uns schnurstracks Richtung Flugplatz begeben. Selbst unterwegs standen noch ein paar Rotorwölkchen, aber die wollten uns auch nicht mehr nach oben lupfen. Erst direkt am Platz stand ein Bart, von dem wir uns nicht sicher waren, ob es nun ein Rotor, oder doch eher Thermik war, der uns noch dreimal bis auf 600m über Platz gebracht hat. Ein Entkommen war von da allerdings nicht mehr, so daß wir irgendwann entnervt vom Kampf in geringer Höhe aufgegeben haben. Kurze Zeit später sind auch die anderen Flugzeuge wieder heruntergefallen und meinten, daß es nur mit dem perfekten Ausfliegen des geringsten Sinkens möglich war, sich in dem besagten Uhrmacherwellchen zu halten. Nunja, das war uns mit dem schweren, schnellen Gerät leider nicht vergönnt. Macht aber nix, hat Spaß gemacht und wir haben uns den Hintern ausgelüftet! 

Dementsprechend haben wir noch etwas Zeit am Nachmittag, die wir z.B. zum Schreiben dieses Artikels und zum Basteln von Bekannten Küren für die anstehenden Kunstflugwettbewerbe kommendes Jahr nutzen können. 

Die Wettervorhersagen sind für morgen deutlich besser, deswegen geht es heute zeitiger ins Bett. Morgen ist um 0430 UTC alarmmäßiges Wecken, damit es um 0800 Lokalzeit laut auf dem Platz werden kann. Laut Vorhersage soll es vormittags am Besten gehen - warten wirs ab.

28.10.: 7 Stunden ;-)

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Gestern haben wir uns extra zeitig in die Waagerechte begeben, damit wir heute früh nicht völlig von der Rolle sind. Dennoch war 0530 Ortszeit zeitig... Das gab dann noch Gelegenheit für ein schönes Foto vom Arcus vor Sonnenaufgang.

Guten Morgen!!! Heute gibts Welle!!!

Noch war der Wind, wie unschwer zu sehen, sehr schwach, so daß es Reif auf dem Gras und vor Allem auf den Bezügen gab. Da ist eine Menge abgebröselt, als wir die Flugzeuge ausgepackt haben und kalte Hände hatten wir auch noch. Da helfen nur warme Gedanken an den folgenden Flugtag.

Eis auf den Bezügen. Offenbar ist doch Herbst

Etwas mehr als zwei Stunden später ist alles aufgebaut, aller Kram im Flugzeug verlegt und verpackt und es geht los. Der Wind ist am Boden schwach, so daß der Start kein Problem ist. Kurze Zeit später jedoch zeigen die Geräte mehr als 70km/h an, so daß es nicht einfach ist, gegen den Wind mit 95-105km/h in die Welle zu kommen. Als wir sie dann treffen, katapultiert es uns mit noch nicht gekannten Steigwerten in den Himmel.

4m lassen wir uns gefallen ;-)

Es st schon beeindruckend, wie schnell dann selbst hohe  Berge klein werden. Entsprechend sitzen wir im Flugzeug und drücken uns die Nase an der Scheibe platt ob der Wetteroptik, die sich uns bietet.

Wolkenpampe nach Luv

Aussicht zum Genießen

Spät abends wirds dann wieder diesig

Nach der Landung kurz vor Sonnenuntergang dauert es dann wieder seine Zeit, bis alles verstaut ist. Noch kurz einkaufen und es gibt Abendessen, damit keiner verhungert. Offenbar schmeckt die selbstgebaute Pizza.

Nach sieben Stunden in der Höhe und Kälte tut etwas Futter deutlich gut...

Für morgen sind die Vorhersagen leider nicht so prall, aber zumindest am Vormittag wird Flugbetrieb möglich sein. Da müssen wir nur auch dem Arcus noch etwas Futter organisieren, und dann schauen wir mal, was noch so geht. 

29.10.: Fliegen im einzigen Wolkenloch Tschechiens

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Nach dem schönen Flug gestern haben wir uns heute früh wieder beizeiten (0530 Ortszeit) aus der Falle begeben, weil die Vorhersage heute auch wieder den Vormittag besser bewertet hat. Naja, was so ein wenig gestört hat, war die deutlich stärker vorhandene Feuchte, die uns einen deftigen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Mit den wenigen Wolkenlücken haben wir es uns einfach nicht getraut, das Risiko einzugehen, daß es mal schnell zugeht. Ergo blieb es still in Mikulovice.

Aus dem Nachbarplatz in Krnov hingegen wurde berichtet, daß die einige Flugzeuge in die Welle gehängt haben, die sich dort auch bis 3500m halten konnten. Etwas später trat jedoch das Erwartete ein und die Föhnlücke war zu - dementsprechend mußten die da oben erst einmal parken und wir waren weiter zum Nichtstun verdammt.

Erst am Nachmittag zeichete es sich ab, daß die sich wieder bildende Föhnlücke offenbleibt, weswegen wir noch Flugbetrieb durchgeführt haben. Vier Flugzeuge gingen mit dem F-Schlepp raus und auch wir haben den Arcus durchs Loch manövriert.

Mit dem Rattel durch die Wolkenpampe 

Dort angekommen war die Welle aber schon so schwach, daß wir lediglich eine Stunde lang das Absaufen verzögern konnten. Die Luft war in der Höhe ziemlich diesig und unser Flugraum nur auf die kleine Föhnlücke beschränkt. Dennoch war das mal wieder ein interessantes Erlebnis, daß es selbst da leidlich schwach geht.

An den leeseitigen Wolken der Föhnlücke konnte man sich knapp halten

Mit dem Duo in der Föhnlücke gegen das Absaufen kämpfen...

Nach knapp einer Stunde Flugzeit war das Abenteuer dann auch wieder vorbei. Die Welle war endgültig weg und mit ihr ein paar Minuten nach der Landung auch die Föhnlücke. Nun hatte sich nur noch eine ebenmäßig graue Wolkenbrühe breitgemacht, die schon auf den kommenden Novemberblues hindeutet. 

Die Vorhersage für morgen meint, daß sich das im Wesentlichen nicht ändern wird. Also lassen wir den Abend mit Bratkartoffeln, Ei und ein paar lokalen Biermarken ausklingen.

30.10.: Ein Tag Kultur in Wrocław

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Mit der Wettervorhersage von gestern im Hinterkopf gönnen wir uns heute früh etwas mehr Schlafenszeit und ein ausgiebigeres Frühstück. Es bewahrheitet sich - kein Lüftchen weht, dafür ist der Platz in leicht feuchten Nieselregen gehüllt, so daß wir uns um ein Alternativprogramm kümmern müssen.

Eine Idee hatten wir schon letztes Jahr angedacht, einmal an einem Tag Mistwetter nach Breslau, auf polnisch Wrocław, zu fahren. Heute scheint der Tag dafür geeignet, weswegen wir uns nach dem Frühstück in den Ringträger setzen und losfahren. Etwa zwei Stunden später schlagen wir dann nach einer interessanten Autofahrt mit diversen mehr oder weniger beeindruckenden Begegnungen mit anderen, zumeist polnischen, Autofahren in der City ein und verstauen das Auto in einem Parkhaus direkt südlich der Altstadt. Von da aus sind es nur ein paar Minuten Fußweg bis zum Rathaus.

Das alte Rathaus in Breslau

Insgesamt fällt auf, daß die Stadt wohl im zweiten Weltkrieg etwas abekomen hat, aber noch viel historische Substanz erhalten ist, die dann auch wieder liebevoll restauriert wurde. Es ist alles sehr malerisch anzusehen. Direkt am Nordwestende des Rings, wie sich der große Rathausplatz nennt, steht die Elisabethkirche, die über einen fast 100m hohen Turm verfügt. Da wir uns ein Bild auch mal aus der Höhe machen wollen, klettern wir da hinauf. Die schmale Wendeltreppe ist dabei nichts für Klaustrophobiker...

Blick vom Kirchturm auf den Ring mit dem Rathaus rechts hinten

Auch eine Wanderung durch die innenstadt gönnen wir uns noch und sind überrascht über die Vielgestaltigkeit der Stadt. Eine Sache fällt dann noch besonders auf: An vielen Stellen finden sich kleine Zwerge in der Stadt, die von Kunststudenten aus Bronze gegossen worden sind. Ein paar haben wir gesehen - insgesamt sollen es wohl inzwischen über 300 von Ihnen sein.

Na, was war das Gebäude wohl mal, auf dessen Fenstersims dieser Zwerg sitzt ;-)

Als es dunkel wird, fahren wir dann wieder nach Hause. Insgesamt sind wir sehr positiv überrascht über die Stadt. Das ist definitiv eine Reise wert und wir werden uns das sicher noch einmal zu Gemüte führen. 

Morgen soll es vielleicht wieder Flugwetter geben - wenn auch nur schwach mit Wind aus Südost, deswegen hauen wir uns jetzt in die Falle.

31.10.: Wel(l)penwetter

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Wenn ich mich recht entsinne, haben wir diesen Begriff letztes Jahr schon verwendet, um die Art des Wetters zu klassifizieren - insofern nichts neues. Auch heute ist die Windvorhersage sehr vorsichtig, aber es soll sich was bewegen an den Bergen, weswegen wir dann nach einigen Diskussionen doch aufbauen. Auch wenn es sicher keine Höhenrekorde geben wird, lohnt es sich, die Welt von oben zu sehen und sich an den zu erwartenden Sichten zu freuen. Erstmal gab es aber einen kleinen Margeritengruß an Martins treuen Audi, der uns als Transportvehikel, Anhängertraktor und Flugplatzlepo dient...

Blumengrüße aus LKMI

Kurze Zeit später haben wir den Arcus aus den Schlafanzugen geschält und bereiten alles vor. Die Sonne scheint und es ist beinahe windstill, so daß uns reichlich warm wird.

Den Rattel sollte man sich jeden Morgen genau ansehen, was David gerade tut

Nach dem Start finden wir schließlich schwaches Steigen in der Nähe des Praded. Leider ist der Wind wieder sehr südlich bis leicht südöstlich orientiert, so daß es nur dort und hinter dem Oberbecken des Pumpspeicherwerks so richtig geht. Die Sichten sind aber wie erwartet sehr gut.

Blick Richtung Adlergebirge. Am Horizont ist sogar das Riesengebirge zu sehen

Zu unserer Überraschung geht der Tag doch besser, als wir in Anbetracht des schwachen Windes und der eher bescheidenen Richtung annahmen. So niegt sich langsam die Sonne dem Horizont gegenüber. Für ein paar Fotos reicht es aber immer noch...

Der TWIN der Akaflieg Dresden über dem Praded

Etwas später begeben wir uns dann, da der Sonnenuntergang naht, wieder Richtung Heimatflugplatz. Dort gibt es bei dem Örtchen Zlate Hory noch einen Hang, dessen gutes Steigen wir aus dem letzten Jahr noch in Erinnerung hatten. Testen wir das doch mal an... und wirklich, es hebt uns mit kräftigen 1,5-2m in die Höhe. Leider ist es jedoch schon so spät, daß wir das nicht bis zum Anschlag auskosten können. Zudem kommt vom Boden noch eine Warnung von Duo XY, der uns etwas von schnell aufziehendem Bodennebel erzählt. In Polen war den gesamten Tag Nebel und tatsächlich schwappt die Brühe Richtung Flugplatz. Klappen raus und nichts wie runter. Auf 12,3m/s Sinken kommen wir laut Vario...

Nase runter Richtung Flugplatz. Man sieht schon den Nebel über Polen

Erst im Anflug auf den Platz sieht man, wie dick es schon ist. Viel länger hätten wir nicht mehr warten sollen, auch wenn es da oben in der Welle so schön anzusehen war.

Endanflug - es sieht auf dem Foto weit dramatischer aus, als es tatsächlich war

Wieder unten angekommen, mußten wir natürlich die etwas gespenstische Stimmung festhalten!

Unser Prachtstück...

Aufziehender Bodennebel

Kurze Zeit später ist kaum mehr etwas zu sehen, außer dem Schatten der Berge in der untergehenden Sonne

 

01.11.: Von Rotoren verdroschen

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Gestern Abend haben wir uns natürlich auch wieder die Wettermodelle für heute angesehen. Etwas komisch waren uns die Vorhersagen schon in dem Moment vorgekommen. Angesagt waren bis zu 70km/h Wind, aber das erstens nur in den bodennahen Schichten. Zweitens rechneten die Modelle auch eine Abschwächung des Windes hinter dem Riesen- und Altvatergebirge rein, die uns unlogisch vorkam, da die Luft ja nicht einfach verschwindet. Drittens waren kaum Wellen vom tschechischen Modell vorhergesagt. Sehr seltsam das...

So richtig glauben wollten wir das alles nicht und da sich die Strömung im Laufe des Vormittages abschwächen sollte, haben wir wieder um 0530 einen Alarmstart angesetzt. Am Boden war ein ziemlich starker Wind und an sich waren wir mit Blick auf das Gebirge ziemlich optimistisch, wieder einmal schön fliegen zu können, da die Vorhersage an dem 7h Flug vor ein paar Tagen nicht unähnlich war. Die Föhnmauer stand zumindest sehr schön um diese Uhrzeit.

Eine schöne Föhnmauer liegt über den Bergen

Das sollte dann aber am Ende das einzige Foto des Tages bleiben. Nach einem spannenden Start durch einen direkt südlich des Platzes gelegenen Rotor, der uns ordentlich durchgeschüttelt hat, ging es gegen den starken Wind erst mit kaum 30km/h über Grund vorwärts. Als wir dann aber so 700-900m unter dem Bauch hatten, nahm die Grundgeschwindigkeit signifikant zu, teilweise sah es gar nach Rückenwind aus. Offenbar war der Wind wirklich nur in einer sehr dünnen, bodennahen Schicht vorhanden. Na schauen wir mal...

An den Bergen angekommen, ließ sich dann im Segelflug keine Welle ausmachen und die Höhe war rasch wieder weg. Einzig am Šerák stand ein ziemlich turbulenter Rotor, in dem wir uns mit viel Kämpferei mit den hochfrequenten Böen wieder bis auf knapp 2100m MSL hochbasteln konnten. Ein paar mehr dieser Flugzeugschleudern standen noch entlang der Bergkette. Wellen waren keine auszumachen.

Was war hier los? Offenbar wurden diese Luftwalzen von unten durch die starken bodennahen Winde angetrieben. Darüber war nahezu keine Strömung mehr, die die erhoffte Welle hätte produzieren können. So waren wir einzig auf diese Prügelknaben angewiesen, um uns oben halten zu können. Nach einer reichlichen Stunde Waschgang war dann unsere Motivation deutlich abgeklungen, so daß wir wieder in Richtung Platz geflogen sind. Selbst dort gab es noch genug Rotoren, um uns noch eine Stunde fliegen zu lassen, bevor wir wieder in den Landeanflug übergegangen sind. Der wurde dann auch wieder mit Böen und dem starken Wind, den wir schon vom Start her kannten, versüßt. 

Somit waren wir um 10 Uhr wieder unten und einigermaßten ernüchtert. Die Modelle hatten wohl Recht. Nach uns kamen dann auch der Reihe nach die anderen Flugzeuge wieder herunter, nachdem sie sich lange genug von den Rotoren haben verdreschen lassen. Für den Rest des Tages haben wir dann noch eine kleine Wandertour durch das nahegelegene Mikulovice unternommen, wo dann der Wind auch deutlich geringer war.

02.11.: Zahme Rotoren

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Nach dem gestrigen fliegerischen Reinfall war die Vorhersage für heute wieder sehr schwach angesagt. Das lohnt keinen Alarmstart, weswegen wir heute erst einmal ein entspanntes Frühstück genossen haben. Danach ging es um die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, 6l Sprit zu verheizen. 

Da wir aber zum Fliegen da sind, wollten wir es wissen. Die Luft war heute so warm, daß früh nicht einmal mehr die Bezüge naß waren, als wir den Arcus ausgepackt haben und auch alle anderen Tätigkeiten ließen sich im T-Shirt erledigen. Einige Zeit später sind wir dann gestartet - Martin im T-Shirt...

An den Bergen angekommen gab es sehr lokal etwas schwaches Steigen, das aber nie den Eindruck von laminaren Wellen hinterließ. Erst haben wir uns am Šerák etwas Höhe organisiert, um dann die gesamte Kante anzutesten. Dabei zeigte sich, daß es kaum irgendwo wirklich ging. Die wirksamste Stelle war da noch an der Paßstraße Richtung Šumperk, wo derweil eine größere Skianlage im Entstehen ist. Die Windgeschwindigkeit in der Höhe lag den Tag im einstelligen Bereich und das Steigen war am Ende auch kurbelnderweise am Besten auszunutzen.

Blick auf die schneebedeckten Berge der Tatra am Horizont

Was war das nun heute wieder für ein seltsames Geblubber? Irgendwie war es deutlich weniger heftig verwirbelt als gestern, aber Wellen waren das auch nicht. Es fühlte sich eher nach Thermik an, was aber in Abetracht der stabilen Luftmasse und der Position der Steiggebiete nicht sein konnte. Anscheinend waren wir wieder mit Rotoren beschäftigt, die aber heute deutlich zahmer unterwegs waren, so daß wir nicht permanent die Gurte kunstflugstraff ziehen und alle anderen Sachen am Herumfliegen hinden mußten. Vermutlich standen die nur da, wo die gegen den Hang prallende Strömung auf der Luvseite durch Täler kanalisiert und etwas beschleunigt war - zumindest fiel das beim Blick Richtung Luv deutlich auf. Außerhalb dieser Stellen war die Luft im Wesentlichen tot.

Die Duos XY (rote Nase) und DD mit uns im Rotorsteigen

Die Kneipe auf dem Šerák

Einige Zeit später waren wir dann für heute satt, da sich mit dem wenigen Steigen nicht viel mehr anstellen ließ und man auch nicht so hoch kam, daß man hätte viel Zeit zum Fotografieren herausholen können. Zudem brachte heute die Kante bei Zlate Hory auch kein Steigen, weswegen wir um 3 wieder gelandet sind und den dicken Dampfer schlafengelegt haben. 

Der Vorteil der Sache lag dann darin, daß wir für den Rindergulasch, den wir heute für uns und die Akaflieger destillieren wollten, mehr Zeit hatten. So gab es dann um 20 Uhr Ortszeit leckeren Gulasch mit Böhmischen Knödeln und lokalem tschechischen Bier. Allzu lange war der Abend dann aber nicht, da für morgen der - zumindest den Vorhersagen nach - letzte gute Tag der Woche sein sollte. Also haben wir uns wieder auf einen Alarmstart vorbereitet, weswegen das Tagebuch damit für heute beendet ist.

03.11.: 7,5 Stunden! Bäm!

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Und das Anfang November - wir beschweren uns nur ganz leise. Doch von Anfang an...

In Anbetracht des Tages war um 0600 die Nacht zu Ende - noch vor Sonnenaufgang. Die zeigte sich jedoch schon an den paar hohen Wolken nach Osten, so daß man nicht ums Fotografieren herumkam ;-)

Der Arcus vor der aufgehenden Sonne

Es folgte dann das übliche Programm, bei dem wir inzwischen deutlich Routine haben. Flugzeug auspacken, checken, etwas Sprit in den Tank, alles Geraffel rein und zum Start ziehen. Der befand sich heute am oberen Platzende Richtung 23.

Flugzeug streicheln vor dem Start... Gleich gehts los.

Viel Zeit verlorgen wir dann da nicht mehr, so daß es kurz danach laut auf dem Platz wurde. Wir spielen Wellenschnüffler...

Flächenbunny David von der Akaflieg

Auf dem Weg Richtung Berge konnten wir auch Björn und Erich mit dem Duo XY im Schlepp ablichten.

XY im Schlepp über dem Wald

Das erste wirkliche Steigen des Tages war aber am Šerák, den wir angeflogen hatten, nur schwerlich zu finden. XY berichtete aber, daß es am Praded geht, also sind wir da mal hingeflogen. Leider war da aber die Höhe schon deutlich geschmolzen, so daß wir es gerade so knapp unter Hanghöhe dorthin schafften. David war schon etwas pessimistisch, jedoch hob uns im passenden Moment ein leises Lüftchen, so daß wir wieder im Spiel waren.

Der Praded unterhalb des Gipfels

Wie sich herausstellte, war das hier die einzige Stelle, die verläßlich bis auf etwa 3000m ging. So hatten wir dann recht bald unsere Ambitionen, doch noch einmal einen Ausflug ins polnische zu unternehmen, begraben und konzentrierten uns lieber aufs Fotografieren der ob des kleinräumigen Steigens dicht konzentrierten Flugzeuge...

XY über der spiegelnden Inversionsschicht

...Und hier noch einmal auf einem Kalenderfoto über dem Praded

Auch den Blanik haben wir vor die Linse bekommen

Im Laufe des Tages taucht dann eine recht markante Cirrenlinie über uns auf und wir erinnern uns, daß die Vorhersage eine Zunahme des Windes und der Wellentätigkeit prognostiziert hat. Ob das das Anzeichen des stärkeren Windes in der Höhe ist? Warten wir es erstmal ab...

Einige Zeit später sehen wir auf dem Flarm ein Flugzeug, das in der Nähe der Paßstraße mit konstantem starkem Steigen angezeigt wird. Also geht die Wölbklappe nach vorn und wir schießen da hin. Tatsächlich geht es da mit anfänglich 2m/s nach oben, so daß wir schnell die 3000m unter uns lassen. Am Ende geht die Welle da bis knapp 4300m, so daß wir doch noch einmal in den Genuß von metallisch riechendem Sauerstoff aus der Gasbuddel kommen. Von hier oben kann man bei der heutigen Sicht bis sonstwohin sehen. Die Tatra und das Riesengebirge wirken zum Greifen nah und wir haben auch eine positive Endanflughöhe auf Jelenia Gora. Da wir leider auch nach mehrfachen Anfragen bei Praha Information keine Freigabe bekommen, die lächerlichen paar km bis zu den aktiven Wellenlufträumen in Polen auf FL135 zu durchfliegen, sehen wir auch mit der nun größeren Höhe von einem Polenausflug ab.

So langsam neigt sich nun auch dieser Tag dem Ende zu. Es ist noch ca. 1h vor Sonnenuntergang, also unternehmen wir einen ausgedehnten Flug, um die Höhe abzubauen. Das dauert, wenn man aus fast 4000m anfängt und es dann an der Grenze zu Polen doch noch steigt...

Wieder am Platz angekommen steht die Sonne schon so tief, daß der Schatten der Berge in der Dunstschicht unterhalb der Inversion zu sehen ist...

Schattenspiele im Dunst über Jesenik

Hier noch einmal mit der Sonne im Bild

Was für ein Abschied vom Altvatergebirge

Ein paar Minuten später, bei denen es bei der Anzahl der Flugzeuge, die jetzt vom Himmel fallen, noch einmal hektisch wird, hat uns die Erde nach einer perfekten Landung wieder. Nach uns kommen nur noch der Duo XY und der Akaflieg-TWIN je eine halbe Minute später gelandet. Mit Sonnenuntergang sind dann alle unten und freuen sich über den Tag. Der hat uns zwar auch nicht den Brecher des Jahrzehntes geliefert, aber mit 7,5h einen respektablen Flug kurz vor dem für Segelflieger immer so entbehrungsreichen Winter. Immerhin war das auch Davids längster Flug in seiner Segelflugkarriere. 

Prost! Das Bier nach der Landung haben wir uns heute wirklich verdient

Nachdem dann alles verstaut ist, machen wir uns ein paar Schnitzel mit Kartoffeln und Blumenkohl zum Abendessen. Anschließend sichten wir gemeinsam die Wettervorhersagen für die nächsten Tage. Dort bestimmt leider ein Bild die Szene - totale Flaute. Der Kern des Hochdruckgebietes zieht exakt hierher, so daß es ziemlich sicher nichts mehr mit Wellenfliegen wird. Jetzt stehen wir vor der Entscheidung, noch etwas Wanderurlaub zu machen oder nach Hause zu fahren.

Die Entscheidung wird uns dahingehend erleichtert, daß das Windprofil für den 05.11. so aussieht, als daß es im Harz Wellen geben könnte. Mit dieser Aussicht beschließen wir, morgen Vormittag, wenn alles trocken ist, die Flugzeuge zu verpacken, alles zusammenzuräumen und nach Aschersleben zu fahren.

Auf diesem Wege möchten wir auch den Fliegern vom Aeroklub Jesenik für die Gastfreundschaft und Mithilfe danken und freuen uns darauf, nächstes Jahr wieder vorbeizuschauen.

05.11.: Der Versuch am Harz

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Zu gestern gibt es nicht viel zu berichten. Wir haben nochmal die Berichte geschaut und mit Wolfgang aus Aschersleben Kontakt aufgenommen. Der bot uns an, nach Aschersleben zu fahren und dort zu übernachten, was wir dann auch getan haben. Am nächsten Morgen sah der Himmel Richtung Harz beim Genuß des Frühstückskaffees ziemlich einladend aus - klare Wolkenkanten hinter dem Harz, ein paar Lentis Richtung Brocken und auch Rotorzeichen gab es zu sehen. Diese Optik ließ das Frühstück noch besser schmecken und machte Appetit auf einen genüßlichen Wellenflug.

Die Meinung der lokalen Segelflieger war jedoch nicht so optimistisch. Der Wind wäre dafür zu schwach und überhaupt... Letztes Jahr war die Vorhersage so ähnlich und es ging doch auch, mit dem Unterschied, daß es dieses Jahr keine Windscherung in 3000m hatte. Das sollte doch möglich sein.

Startbereit in Aschersleben

Was uns dann schon etwas zu denken gab, war die Tatsache, daß die Wolkenoptik immer verwaschener wurde, je höher die Sonne stieg. Das gab es aber auch letztes Jahr schon, also haben wir uns da keine großen Gedanken gemacht und sind Richtung Gernrode losgerattelt. Unterwegs waren viele kleine etwas zerrupfte Cumuli zu sehen, die im ersten Ansatz als Rotorwölkchen identifiziert werden konnten. So richtig spürbare Ausschläge im Vario oder dem Popometer waren aber nicht warzunehmen. Also müssen wir näher ran an die Harzkante, bei dem geringen Wind sind die Wellenlängen üblicherweise kurz.

Bei Ballenstedt haben wir den Quirl dann ausgemacht und den Rest der Strecke gleitend zurückgelegt. Kurz hinter dem Flugplatz gab es die erste Bewegung in der Luft, aber das ging nur bis zu einem Nullschieber. Erst direkt an der Kante bei Thale fanden sich so 0,3-0,5m/s Steigen, die uns dann von 1350 auf 1450m gebracht haben. Etwas arg wenig, um richtig hoch zu gelangen... Also weiter Richtung Westen, wo noch ein paar nach Rotoren aussehende Wolken standen. 

Die gingen jedoch ausnahmslos nicht und auch die Welle bei Thale brachte nur noch reduziertes Sinken. Häh? Wasn das nu?? Wollen die uns veräppeln??? Rätselraten im Cockpit... Was dann noch auffiel, daß sich die Cumuli immer mehr zu Linien umordneten, die nicht mehr senkrecht, sondern parallel zum Wind standen - oha, Wolkenstraßen, hier war also Konvektion im Spiel. Deswegen starb dann auch die Welle ab, das Gelände war einfach für die Höhenströmung unsichtbar geworden.

In ca. 600m über Grund bei Ballenstaedt mußte jetzt eine Entscheidung her. Erste Option: Tank leerratteln Richtung Brocken, in der Hoffnung, daß da die Welle noch geht? Zweite Option: 400m drauf und ab nach Aschersleben? In Anbetracht der immer höher schießenden Cumuluswolken ließen wir von der Idee ab, die Brockenwelle zu probieren, das hätte nur unnötig CO2 produziert. So hoch, wie die Inversion inzwischen gestiegen war, war da nichts mehr zu erwarten - zumal auch kein Lenti mehr zu sehen war und auch von den anderen beiden Flugzeugen, die mit uns unterwegs waren, kein Steigen mehr gefunden wurde.

Also beschlossen wir, uns auf den Heimweg zu begeben und da wir keine ausreichende Höhe mehr für einen Direktanflug über die Stadt hatten, mußten wir wohl doch nochmal den Motor schmeißen. Ehe wir aber die finale Entscheidung hatten, konnten wir kreisend in der Nähe von Ballenstedt bei ein paar zerrupften Wolken noch 200m erkurbeln, bis wir auf Basishöhe waren. Dieser Bart hat uns dann 400m Ankuftshöhe in Aschersleben beschert, so daß wir losgeflogen sind. Thermikfliegen im November, was es nicht alles gibt auf dieser Welt...

Den Rest des Tages haben wir mit Landen, abbauen und noch einem ausgiebigen Kaffeetrinken am Nachmittag verbracht, ehe wir uns auf den Weg nach Braunschweig begeben haben. Leider war der Tag nicht so erfolgreich, wie erwartet, aber wir haben jetzt gelernt, doch mal noch die Temps und Konvektionsvorhersagen zu Rate zu ziehen, wenn es ans Wellenfliegen gehen soll.

Damit ist unser kleiner Urlaub beendet und dieses Tagebuch auch. Hoffen wir auf die kommende Wintersaison, daß die noch ein paar wellige Tage bringt.