Aufwinde 1: Thermik
Segelflugzeuge sieht man meist an klaren Tagen zwischen April und Oktober am Himmel ihre Keise ziehen. Meist sind an den Tagen auch eine Vielzahl an Schönwetterwolken zu sehen. Beides passiert nicht zufällig. Der Grund für dieses Aufeinandertreffen liegt darin, dass die Segelflugzeuge thermische Aufwinde benutzen. Wie also geht das vonstatten?
Thermische Aufwinde oder "Thermik", wie die Segelflieger sie nennen, entstehen, wenn eine Luftmasse wärmer ist, als die sie umgebende Luft. Dies ist jedem schon bekannt und kann z.B. an den Rauchsäulen von Feuern oder der Bewegung der Gardinen über Heizkörpern selbst beobachtet werden. In der Natur entstehen thermische Aufwinde in der Atmosphäre, wenn die Sonnenstrahlung den Erdboden erwärmt. Dann erwärmt sich dabei auch die darüber liegende Luftschicht. Ab einer gewissen Temperatur, wenn die bodennahe Luftmasse wärmer ist, als die Umgebung, beginnt die warme Luft sich vom Boden abzulösen und steigt auf. Sie steigt dabei so lange auf, so lange die Umgebungsluft kühler ist. Nähern sich die Temperaturen an, endet der Aufstieg der Luftmasse. Der Lebenszyklus eines thermischen Aufwinds von der Ablösung bis zum Zerfall ist in folgendem Bild zu sehen.
Zyklus eines Thermischen Aufwinds (Quelle: Gerd Pfeffer)
Mit dem Aufstieg kühlt sich die Luftmasse des thermischen Aufwinds immer weiter ab. Ist genügend Feuchte vorhanden und die Aufstiegshöhe und damit Abkühlung ausreichend, beginnt die Feuchtigkeit ab einer gewissen Höhe auszukondensieren und eine Wolke bildet sich. Diese hat üblicherweise unten eine glatte Unterkante auf Höhe des Kondensationsniveaus. Oben ist die Wolke meist blumenkohlartig geformt und man sieht teilweise auch noch Bewegungen in der Wolke durch den Aufwind. Ströme keine warme Luft mehr von unten nach, zerfällt die Wolke, die Konturen lösen sich auf und die Feuchte verdunstet wieder. Auf dem folgenden Foto sieht man viele Thermikwolken über den Bergen der Alpen...
Thermikwolken über den Alpengipfeln
Diese beschriebenen thermischen Aufwinde sind bei ausreichender Sonneneinstrahlung stark genug, ein Segelflugzeug nach oben heben zu können. Diese Bedingungen sind bei uns nur in den Monaten zwischen April und Oktober gegeben, so dass man Segelflugzeuge meist in diesen Jahreszeiten zu sehen bekommt.
Zudem erfordert es auch eine geeignete Luftmasse, damit sich thermsiche Aufwinde von passender Stärke bilden können. Ist die Luftmasse in der Höhe zu warm, steigt die Luft nicht weit auf, da sie schnell auf die dann herrschende Umgebungstemperatur abgekühlt ist. Solche Bedingungen findet man meist im Hochsommer, wenn blauer Himmel und "Backofentemperaturen" mit Windstille herrschen. Dabei kann sich die Luft am Boden kaum so weit erwärmen, dass sie aufsteigt. Solche Tage sind ideales "Badewetter".
Ist die Luftmasse dagegen zu kalt, reicht jede noch so kleine Erwärmung am Boden aus, um die Luft aufsteigen zu lassen. Gerade hochreichend kalte Luft sorgt dafür, dass der Aufstieg erst in vielen tausend Metern Höhe endet. Solche Tage bringen meist nur Schauer und Gewitter, da die Feuchte immer mehr kondensiert und dann als Regen aus den entstehenden Wolken fällt. Es benötigt also genau die richtige Mischung aus Temperaturschichtung der Luft, Feuchtegehalt und Sonneneinstrahlung, damit die thermischen Aufwinde auch für den Segelflug nutzbar sind.
Wer das selbst einmal zu Hause ausprobieren möchte, ein Flugzeug in einem thermischen Aufwind fliegen zu lassen: Man kann das mit einer heißen Herdplatte und einem Papierflugzeug demonstrieren, wie dieses Filmchen zeigt...
Ein Papierflugzeug kreist in der Thermik
Bis hierhin ist jedoch nur erklärt, wie ein Segelflugzeug in der Thermik Höhe gewinnen kann. Das üben bei uns bereits die Schüler am Platz. Zum Streckenflug wird das Ganze dann, wenn das Segelflugzeug nach dem Höhengewinn in einem thermischen Aufwind den nächsten Anfliegt. Wie eine Perlenschnur entlang kann sich das Flugzeug so immer weiter fortbewegen. Ziel der Sache ist es dann, die besten und stärksten Aufwinde zu finden und möglichst schnell zwischen ihnen vorzufliegen. Höhe wird meist kreisend im stärksten Zentrum des Aufwindes gewonnen. Den meisten Spaß macht es dann, wenn die Aufwinde so stark sind, dass man nicht mehr kreisen muß, um genügend Höhe zu gewinnen. Dies ist insbesondere bei stärkerem Wind der Fall, wenn sich die thermischen Aufwinde entlang des Windes aufreihen. Solche "Wolkenstraßen" genannten Erscheinungen sind daher bei Segelfliegern besonders beliebt, da man viele Kilometer im Geradeausflug zurücklegen kann. Daber kommen schnell Schnittgeschwindigkeiten über 100-130km/h zustande. Versuchen Sie das mal mit dem Auto zu schaffen ;-)
Man kann sich einfach vorstellen, dass es eine Kunst für sich ist, Thermik anhand von Wolkenformen, Bewegungen der Luftmasse und entsprechenden Bodenmerkmalen zu erkennen. Dabei soll noch die Stärke des Aufwindes abgeschätzt werden und auch beim Vorfliegen zwischen den Aufwinden hilft es, möglichst in Regionen unterwegs zu sein, in denen die Luftmasse vielleicht ein wenig steigt und vor allem sinkende Luftmassen zu umgehen. Luft kann ja nicht nur aufsteigen, sie muss ja auch wieder absinken...
Die besten Gebiete der Welt für thermisches Streckenfliegen sind unzweifelhaft die Wüsten im südlichen Afrika. Dort sind in der Wintersaison bei uns die Bedingungen nahezu perfekt. Wenn die Thermik am Vormittag bei ausreichender Einstrahlung einsetzt, lassen sich so Höhen bis 5000m und Steigwerte um die 5m/s erreichen. Das reicht regelmäßig für Flüge über 1000km. In Europa liegen die besten Gebiete in Spanien oder Osteuropa, wo kontinentale Bedingungen vorherrschen. Ein besonderes Dorado sind die französischen Seealpen, wo man im Sommer auch wunderbar thermisch überland fliegen kann.
Bestes Thermikwetter in der Nähe von Brandenburg
Doch auch bei uns in Deutschland gibt es mit dem Fläming, der Lausitz, den eiszeitlichen Sandflächen in Mecklenburg und der Lüneburger Heide hervorragende Fluggebiete mit guter Thermik. An guten Tagen kommt man so auch über 2000m hoch und mancher schafft es auch, von uns am Platz mehr als 1000km zu fliegen. Den ersten Tausender von Wilsche aus haben Nico und Dennis auch in einem Bericht festgehalten...