Dezentrale Meisterschaften

Geschrieben von Webmaster am .

Morgens auf dem Flugplatz: Es ist gutes Wetter angesagt und entsprechend hat sich alles eingefunden, was Flügel hat und man harrt dem Beginn der Thermik entgegen. Entsprechend voll wird es am Start.

Startaufstellung an einem guten Streckenflugtag in Wilsche

Schon dabei beginnen die Gespräche: "Was hast Du denn vor?" "600km Verden Neustadt Glewe Lüsse und heim..." kommt die Antwort. So oder ähnlich gehen die Kommentare hin und her, mal mit mehr, mal weniger Strecke, je nach Flugzeug und Wettervorhersage. Was wäre denn, wenn man am Abend noch vergleichen könnte, wer weiter oder schneller unterwegs war?

Der sportliche Vergleich liegt uns Menschen in den Genen, deswegen waren die Segelflieger schon vor Jahrzehnten kreativ im Vergleich und haben Wettbewerbe ins Leben gerufen, an denen jeder vom heimischen Flugplatz mitmachen kann. Früher war das noch aufwendig mit dem Deklarieren des Tagesplans, heute machen GPS und kleine Datenlogger, die den Flugweg aufzeichnen, sehr einfach.

Grundsätzlich kann man zwei dezentrale Meisterschaften unterscheiden, die sich in der Art der Fliegerei unterscheiden: Die Deutsche Meisterschaft im Streckensegelflug (DMST) und das Ligasystem des Onlinecontest (OLC Bundesliga)

Deutsche Meisterschaft im Streckensegelflug (DMSt)

Die DMSt ist der dezentrale Wettbewerb und wird von der Bundeskommission Segelflug des Deutschen Aeroclubs veranstaltet. Teilnehmen kann jeder ohne vorherige Anmeldung. Ziel der Sache ist - grob gesagt, so weit, wie möglich zu fliegen. Dabei wird für jeden geflogenen Kilometer ein Punkt vergeben. Da natürlich verschiedene Flugzeuge unterschiedliche Leistung aufweisen, gibt es einen "Index" genannten Handicap, mit dem die Punkte verrechnet werden, so dass ein leistungsfähigeres Flugzeug für die gleiche Punktzahl weiter fliegen muss.

Zudem werden Extrapunkte vergeben für Dreiecks- oder Vierecksflüge. Dabei können bis zu 30% Aufschlag für geschlossene Drei- oder Vierecke vergeben werden. Hintergrund der Sache ist, dass bei großflächigen Flügen unterschiedlichere Wettersituationen vorgefunden werden, die ggf. anspruchsvoller zu fliegen sind. Zudem kann man so nicht einfach "Wolkenstraßen" entlang des Windes abfahren, sondern muss auch mal quer zum Wind fliegen.

Weitere Extrapunkte von 40% werden für das "Anmelden" der Strecke vergeben. Hierbei programmiert man die Strecke mit ihren geplanten Wendepunkten vor dem Start in den Datenlogger ein. Das erhöht noch einmal den Anspruch, da die angemeldete Strecke eine präzise Vorbereitung und ein ausreichendes Wetterstudium voraussetzt. Einfach nur der Nase nach dem schönen Wetter hinterherfliegen ist somit nicht mehr möglich.

Unterwegs...

Wie also sieht der perfekte DMSt Streckenflug aus? Idealerweise plant man die Strecke so groß, wie möglich, d.h. man muss sich fragen, wie viel nutzbare Thermikzeit zur Verfügung steht. Dann rechnet man eine Schnittgeschwindigkeit, die realistisch ist. 70km/, 80 oder 100? Das hängt vom Können des Piloten ab und von der Wettersituation. Dann sollte die Strecke ein Dreiecksflug sein, damit man hier die meisten Punkte mitnehmen kann. Als Dreieck gilt es, wenn kein Schenkel kürzer als 25% und keiner länger als 45% der Gesamtstrecke ist. Am Ende wird die Strecke noch in den Logger programmiert und somit "angemeldet".

DMSt fliegen lohnt sich also für alle Streckenflieger, die gern tagesfüllend unterwegs sind und lange und großflächig fliegen wollen. Nachteil der Sache ist, plant man zu ambitioniert, kann man auch mal am Abend auf dem Acker liegen, falls die Thermik eher zuende ist, als die Strecke umrundet ist...

Wer sich genauer dafür interessiert: Hier gibt es die exakten Regeln.

Das Ligasystem des Onlinecontest (OLC Bundesliga)

Es ist Sonntag, eigentlich schönes Streckenflugwetter, aber am Montag warten schon früh wichtige Termine auf Arbeit... Eigentlich hätte man ja Lust zu fliegen, aber dann bei einem langen Flug eine weite Rückholtour zu riskieren, spät zu Hause zu sein und dann am nächsten Morgen durchhängen? Nee, dann doch nicht...

So könnte ungefähr das OLC Ligasystem entstanden sein, um ein System zu schaffen, bei dem nicht die längsten und weitesten, sondern eher die schnellsten Flüge zählen. Ziel der OLC Bundesliga ist, an einem Flugtag innerhalb von maximal 2,5 Stunden die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit zu schaffen. Wie lang und weit der Flug sonst gegangen ist, interessiert dabei nicht. Jeder teilnehmende Verein kann bis zu drei Flüge an einer Wertungsrunde, d.h. einem Wochenende einreichen. Dabei werden dann die Geschwindigkeiten aller drei Flüge addiert. Um auch hier die Vergleichbarkeit verschiedener Flugzeugtypen zu gewärleisten, werden die Geschwindigkeiten noch mit dem Index gewertet. Am Ende entscheidet die Reihenfolge der Mannschaften, wer wieviele Punkte bekommt. Der beste bekommt 20, der zweite 19 usw.

 

Mit dem Arcus über Magdeburg

Dadurch, dass nur 2,5 Stunden des Fluges in die Wertung eingehen, können die Flüge deutlich kürzer ausfallen. Das hat erstens den Vorteil, dass man mit weniger Zeiteinsatz am Wettbewerb teilnehmen kann. Das kommt Fliegern mit weniger Zeit entgegen und man kann auch Tage mit kleinerem Wetterfenster nutzen. Zudem sind Außenlandungen unwahrscheinlicher, da man die 2,5 Stunden in die beste Zeit des Tages legt und nicht erst spät abends mit den letzten Bewegungen in der Thermik nach Hause kommen muss. Mit der Mannschaftswertung als Verein bietet sich auch noch ein Grund, auch weniger gute Tage zu nutzen, da die Punkte unabhängig von den Geschwindigkeiten vergeben werden. Wenn man es so schafft, auch bei schlechtem Wetter eine Wertung zu bekommen, kann man auf die Art eine Menge Punkte bekommen. Es sind eh die mäßigen Tage, an denen sich die Wertung entscheidet. An den guten Tage fliegt eh jeder ;-)

Mit der Ligafliegerei ist es also so, dass damit eher die geradlinige Fliegerei entlang von Wolkenstraßen und Aufreihungen belohnt wird. So lassen sich teilweise Schnittgeschwindigkeiten von mehr als 140km/h in den 2,5 Stunden erreichen. Das schafft man mit keinem Auto auf der Autobahn.

Der LSV kann dabei auf eine Historie zurücksehen. Mal waren wir 2. Liga, dann sind wir in die erste aufgestiegen, wieder abgestiegen... Seit ein paar Jahren sind wir, da wir inzwischen eine Ligagruppe haben, wieder in der ersten Liga vertreten. Hier könnt Ihr die Ergebnisse von 2020 sehen...