02.11.: Der Kaltfrontrückseitensturm
Nachdem wir gestern eine Menge Spaß in der Welle hatten, war der Optimismus für heute zunächst gedämpft. Die Front, deren Herannahen schon zu sehen war, lag früh noch direkt über uns und regnete den Platz genüßlich ein. An Fliegen war so kaum zu denken, doch sowohl der DWD, als auch das tschechische Modell waren optimistisch hinsichtlich der Wellenbildung. Wenn nur die Feuchte nicht wäre. Uns kam das etwas suspekt vor. Wellen bei hochreichender Labilität? Die Temps brachten eine feuchtlabile Schichtung bis 5000m zum Vorschein, wie soll das gehen?
Dann reißen die Wolken auf und eine Föhnlücke wird erkennbar. In uns siegt die Neugier und so ziehen wir alle Flugzeuge hoch an den Start. Das ist nach dem Regen auf der matschigen Bahn alles andere als einfach, aber wir bekommen es dann doch hin.
Unsere Flugzeuge am Start
Blick auf die Rotorwurst Richtung Berge
Nachdem wir uns überzeugt haben, daß die Lücken doch offenbleiben, starten wir und ratteln unter der Rotorwurst durch in eine recht enge Föhnlücke hinein. Dort angekommen verspüren wir leichtes Steigen und stellen das Triebwerk ab. Etwas Bastelei braucht es, bis wir uns ein paar km südlich von Jesenik nach oben arbeiten können. Entsprechend der Vorhersagen sind die Tops der Wolken sehr weit oben und wir lassen die 3000m unter uns, bevor sich der Blick über die Wolken öffnet. Nachdem die Welle einmal gefunden ist, geht es konstant mit 2m/s hoch. Beeindruckend für eine derart labile Luftmasse.
Föhnlücke bei Jesenik, sonst blauer Himmel
Warum es so gut geht, erfahren wir nach und nach. Schon in 3000m ist der Wind beachtlich. In 4000m übersteigt er erstmal die 100km/h Marke und oberhalb von 4500m steigen wir auf der Stelle. Im Maximum sind wir auf rund 5500m gekommen, wo es erstens recht frisch war und zweitens der Wind mit über 140km/h so enorm, daß man sich kaum dagegen vorwärts bewegen konnte - selbst mit einem fast 800kg schweren Arcus nicht.
10km/h Groundspeed, mehr als 140km/h Wind, was für ein irrsinniger Sturm
Durch die hohen Windgeschwindigkeiten ist das Wetter äußerst schnellebig. Da erscheint mal eben ein Lenti in 4000m ein paar km von uns weg. Minuten später ist er auch schon wieder verschwunden.
Ein schnellebiger Lenti über den Cumulanten
Neugierig geworden probieren wir noch ein paar interessant erscheinende Stellen gegen den Wind aus, müssen aber einsehen, daß selbiger viel zu stark ist, um ernsthaft etwas Strecke zu machen. Nebenbei wird spürbar, wie die Luft immer mehr gegen polare und labile Kaltluft wechselt. Die Wolkentops steigen immer höher und in der weißen Watte sind auch die eine oder andere Überentwicklung enthalten. Das war auch im Regenradar vor dem Start zu sehen, wo nach ca. 100km "Ruhe" hinter der Front die Schauer immer größer und dichter werden. So also sehen die Dinger von oben aus.
Schauerwolke in Polen, deren Spitze in fast 5000m Höhe liegt
Als wir dann wieder herumdrehen, kommt der Wind unvermindert, aber von hinten. So schaffen wir Gescchwindigkeiten über 350km/h über Grund. So schnell ist noch keiner von uns über das Gelände gerauscht... Beeindruckende Show...
Mit gerade 320km/h Richtung Polen. Was für ein Wind in der Höhe
Nach und nach zeigt die zunehmende Labilisierung aber Wirkung. Nach Nordwesten, gegen den Wind, steuern die ersten hohen Wolkentürme auf uns zu und auch die Föhnlücken über dem Tal bei Jesenik schließen sich rapide. Als dann auch noch die Nordostkante der Bewölkung immer weiter Richtung Polen zieht, ist für uns der Zeitpunkt gekommen, sich wieder Richtung Flugplatz zu orientieren. Rechtzeitig erkannt, kann man das noch mit einem Ausflug bis Prudnik verbinden, wo wir unter die Wolken sinken und zum Platz zurückfliegen. Dort hat sich gerade die Föhnlücke bei Jesenik wieder geöffnet und erlaubt ein faszinierendes Foto in der diesigen Luft.
Sonnenstrahlen über Jesenik
Ein wenig spielen wir noch mit den Rotoren, sehen dann aber von einem zweiten Anlauf in die Föhnlücke ab. Die anderen Flugzeuge sind auch mit uns abgestiegen und so sortieren wir uns zur Landung ein. Vorher gelingt noch ein Foto von einem der großen Schneeschauer.
Schneeschauer mit Regenbogen über Polen
Nach der Landung verstauen wir die Flugzeuge wieder. Genau in dem Moment kommt der erste Schauer über den Platz, der aber zum Glück nur ein paar Regentropfen bringt. Dafür kühlt die Luft immer mehr ab. Mit 2,5 Stunden war der Flug heute nicht übermäßig lang, aber dafür meteorologisch höchst interessant. Daß es bei der labilen Luft so gut ging, war kaum zu erwarten und eine Kaltfrontrückseite mit Schneeschauern haben wir auch noch nicht von oben gesehen.
Den Abschluß findet der Tag in einem tschechischen Restaurant auf der Goldkuppe, von wo man nicht nur einen wunderbaren Blick auf Jesenik hat, sondern auch edle Rindersteaks, leckere Desserts und tschechisches Bier genießen kann. Pappsatt treten wir den Heimweg Richtung Platz an...