Flugbetrieb mit Hindernissen
Es fing alles damit an, daß, beim bloßen Betrachten der Wetterlage, man diesen Tag für ein wunderbares Hammerwetter im Frühsommer hätte halten können. Nur die tiefstehende Sonne verriet, daß bereits Oktober war. Was uns sonst noch alles an diesem seltsamen Tag widerfahren ist - lest selbst...
Ein Flugbetrieb mit Hindernissen...
Es ist früh am Morgen, Außentemperatur circa 10°C, Tau auf dem Gras, blauer Himmel und die Sonne scheint. Eigentlich ist das die perfekte Voraussetzung für einen Spitzenflugtag, nur der Sonnenstand - kurz vor neun nur wenig über dem Horizont - sagt uns, daß der Sommer vorbei ist, und wirklich Oktober. Entsprechend der Vorhersage treffen auch bald einige fluggeile Segelflieger ein, darunter die Kunstflieger sowie Flugschüler Nick, der auf einen Tag mit Privatflugzeug und Lehrer schielt, da sonst kein Schüler weiter da ist. Daneben sind eine Reihe von Vereinsmitgliedern mit der Jahresnachprüfung ihrer Flugzeuge beschäftigt.
Kurze Zeit später gehen die Hallentore auf und Mutterschiff ASK-21 wird herausgeschoben, die Kunstflieger stecken ebenfalls ihr Sportgerät zusammen und eigentlich sind alle in Gedanken schon in der Luft - wenn da nicht Windenfahrer Andreas die Stimmung jäh zu einem Ende geführt hätte. Seinen aufmerksamen Augen ist es zu verdanken, daß der Riß in der Bremsscheibe auf der Antriebswelle der Seiltrommeln sofort entdeckt wurde, was uns im Umkehrschluß den Windenbetrieb heute jedoch versagt.
Ein Riß in der Bremsscheibe - so kann man definitiv nicht schleppen...
Kurzes Nachsehen im Windenschrank fördert noch eine Ersatzbremsscheibe zu Tage, so daß sich Andreas und David kurzerhand mit der Winde in die Werkstatt begeben, um die Scheibe zu tauschen. Optimistisch gehen alle davon aus, daß kurz nach dem Mittag wieder mit der Winde geschleppt werden kann. Eine Fehlannahme, wie sich herausstellen sollte...
Parallel dazu wird zum Alternativprogramm übergegangen und heute nur Betrieb im Flugzeugschlepp hinter der Dimona durchgeführt. Dabei kommen dennoch alle zum Zug, die noch fliegen wollen. Die Kunstflieger absolvieren mehrere Starts und trainieren ganze gerissene Rollen auf Abwärtslinien und weltmeisterschaftliche Pflichtprogramme, aber auch einige der fertig nachgeprüften Flugzeuge wollen noch in die Luft.
Gleich geht es los zum F-Schlepp
Interessanterweise dauern die Schlepps mit der Dimona dabei recht kurz und in Höhen von mehr als 500m ist die Luft auffallend ruhig. Martin kommt so in 6B auf 1450m in 12min(!!) Schleppzeit mit der Dimona auf eine Höhe, die viel Spaß in kurzer Zeit erlaubt. 3m/s steigen über die gesamte Schleppzeit liefern den Hinweis, daß der starke Wind noch ein paar andere Effekte bewirkt.
Auch Nils und Betti, die sich in ihren Flugzeugen haben hochschleppen lassen, sind noch nicht wieder unten und erfreuen sich des schönen Wetters mit Ausblick auf Lenticulariswolken bei Hannover oder über dem Harz. Lenticularis? Ja, Wellen waren überall zu sehen und offenbar waren auch wir in eine Art Scherungswelle geraten, die einerseits schnelle Schlepps, andererseits ein unerwartetes Steigen für uns hatten. Es ist selten, daß man um die Jahreszeit noch einmal so genußvoll fliegen kann.
Betti (fotografiert) und Nils in der "Spargelwelle"
Zum Schluß kommt auch Flugschüler Nick noch in den Genuß eines Schlepps auf 1250m, wo er zum ersten Mal selbst im Flugzeugschlepp unter Anleitung von Fluglehrer Martin startet. Anschließend erlebt er noch ein Segelkunstflugprogramm, das er sich schon seit längerer Zeit gewünscht hatte. Etwas wackelig auf den Beinen, aber mit einem dicken Grinsen steigt er wieder aus der 21 aus und meinte danach nur, daß die Schleppzeit mit Kunstflug die höchstkonzentrierten 20min waren, die er je erlebt hat.
Danach sind alle fliegerisch satt und wir räumen ein bzw. bauen die Flugzeuge ab.
Doch was ist mit der Winde? Bei all dem Flugspaß am Start hatten wir die beiden armen Teufel in der Werkstatt fast vergessen. Lautes Schimpfen aus der Windenwerkstatt, dessen Wortlaut wir hier besser verschweigen, offenbart, daß es mit dem optimistischen Plan doch nicht so aufgegangen ist. Grund dafür waren festgerostete Schrauben, die sich erst durch Bastis Einsatz mit der Flex lösen ließen, unpassende Lochbilder an der Bremsscheibe und diverse andere Kleinigkeiten, so daß Andreas und David den ganzen Tag nicht viel von dem Wetter hatten.
Dennoch waren endlich die gröbsten Gemeinheiten erledigt, so daß wir die Scheibe wieder einbauen konnten. Welch körperlicher Einsatz dafür notwenidig ist, kann am folgenden Foto bestaunt werden.
Lebende Wellenstütze unter der Winde
Ohne den Einsatz von David, der sich unter die Winde gelegt, die Welle gehalten und dabei einiges an Dreck und Öl gefressen hat, hätten wir die Welle nicht festbekommen. Links neben dem noch offenen Flansch ist die neu eingebaute Bremsscheibe zu sehen.
Andreas und David beim Einsetzen der Welle
Da wir alle zusammen die letzte Mahlzeit am frühen Morgen hatten, und dies auch nur zwei Semmeln waren, mußte, nachdem die Welle drin war, erst einmal eine Stärkung her. Also haben wir uns ein paar Bockwürste heißgemacht...
Mahlzeit! Bockwurstkochen neben der toten Bremsscheibe
Anschließend mußte noch die Bremssattelträger sowie Bremssättel montiert und ein abschließender Test durchgeführt werden. Das schreibt sich jetzt zwar recht kurz und prägnant, dauerte aber auch bestimmt noch einmal eine Stunde. Am Ende war es 1900, als wir mit der gesamten Schrauberei fertig waren und die Hallentore zugingen. Insgesamt haben David und Andreas somit fast zehn Stunden ununterbrochen in der Werkstatt gesessen und auf einen der letzten Flugtage verzichtet. Unterstützt wurden sie noch von Basti beim Lösen der Schrauben sowie Martin, der dann am Ende noch beim Montieren der Bremssättel mitgeholfen hat. Vielen Dank für einen solchen heldenhaften Einsatz, denn nur so ist das Abfliegen, das eine Woche später stattfinden wird, überhaupt in der bewährten Weise durchführbar.
Andreas, David: Jungs, danke, ihr habt die Show gerettet ;-)