Meine ersten beiden Außenlandungen

Geschrieben von Webmaster am .

"Eigentlich sollte der Titel dieses Berichts „Mein 50 km Flug“ lauten, aber dann hätte ich sicher nicht so viel gelernt…" konstatiert Aylin Meine am Abend, als der Anhänger wieder auf dem Hof steht. Die Umstehenden wissen, dass sie noch am Vormittag losgezogen ist, um mit dem Astir den letzten Schritt vor der Lizenzprüfung zu absolvieren: Einen selbst vorbereiteten und außerhalb der Sichtweite der Fluglehrer durchgeführten Streckenflug über mindestens 50km.

Frohen Mutes kurz bevor es losgeht

Dieses Vorhaben ging dann nicht ganz so nach Plan, wie anfangs gedacht. "Jetzt traue ich mir zu, fast überall zu landen" ist sich Aylin sicher. Wie es dazu kam? Lest selbst ihren Bericht...

 Meine zwei ersten Außenlandungen

 Eigentlich sollte der Titel dieses Berichts „Mein 50 km Flug“ lauten, aber dann hätte ich sicher nicht so viel gelernt…

Aber fangen wir von vorne an. Nachdem ich ich in dieser Saison alle Zeit und Kraft in meine Segelflugausbildung investiert habe, fand ich mich Anfang August plötzlich an dem Punkt meiner Ausbildung wieder, von dem ich einige Zeit dachte: „Da kommst Du nie hin!“: Der 50 km Flug, den ich selbst vorbereite und dann außer Sichtweite meiner Fluglehrer durchführe. Aber tatsächlich fühlte ich mich nun so gut vorbereitet, das Abenteuer angehen zu können. Nach der navigatorischen Einweisung, der Außenlandeübung in der Dimona und einer großartigen meteorologischen Einweisung mit meinem Fluglehrer Jürgen Hagemann nach Stendal, bei der wir nach der Landung in Stendal noch einen Erdbeerkuchen im Restaurant gegessen haben, kann doch fast nichts mehr schiefgehen.

Also bereitete ich mich akribisch auf meinen Flug vor. Ich hatte mir Uelzen in den Kopf gesetzt, das ziemlich direkt nördlich von Wilsche liegt. Mit Google Earth war ich vor dem heimischen PC sicherlich mindestens 50 mal nach Uelzen und wieder zurück geflogen. Natürlich waren Winddreieck, Notams, Wetter und alles was man so braucht vorbereitet. Aber es sollte alles anders kommen - wie immer beim Segelfliegen.

An dem Tag der Tage war ich bereit. „Mein“ geliebter Astir E7, den ich schon liebevoll A7 (also Aylins 7) nenne, stand bereit. Ich stand ebenfalls bereit daneben. Der Anhänger war gecheckt, mein Rückholer benannt. Auf nach Uelzen!

Flugzeug und Pilotin bereit für den "Fünfziger"

“Nach Uelzen? Nein.”, so wurde fachmännisch festgestellt,” Bei dem Wind fliegst Du besser nach Gardelegen.”

Gardelegen hatte ich bisher nur auf meinem Weg nach Stendal überflogen und zugegebenermaßen hatte es ewig gedauert, bis ich diese Wiese von oben als Landeplatz identifiziert hatte. Aber gut, die Fluglehrer hatten ja Recht, der Westwind war einfach zu heftig. Nach Uelzen wäre eine schlechte Entscheidung gewesen. Also, dann fliege ich eben nach Gardelegen und kann so vom Rückenwind profitieren.

Da ich noch keine abgeschlossene F-Schlepp Einweisung habe, durfte ich mich mühsam aus der Winde heraus hochkämpfen. Der erste Schuss ging daneben, aber beim zweiten Start hatte ich ihn: Den Bart, der mir erlaubte, zumindest auf 813m hochzukommen. Dafür kreiste ich aber auch wirklich fleißig und der Wind versetzte mich - wie geplant - ordentlich Richtung Osten. Als der Bart sein Ende fand, konnte ich schon in der Ferne den Flugplatz Stüde erkennen. Wow, so weit war ich noch nie allein vom Platz weg!

Da aktuell keine Thermik mehr vorhanden war steuerte die nächste Wolke an, fand aber kein Steigen. Also flog ich die nächste Wolke an, was den Verlust von wertvoller Höhe bedurfte, aber auch diese Wolke sah nur freundlich aus. Dort angekommen stieg es aber nicht, was eine Gemeinheit! Jetzt war mir klar: über diesem Sumpfgebiet vor dem Elbe-Seitenkanal würde ich nicht landen wollen, also wollte ich die auf 612m geschrumpfte Höhe, die ich noch hatte, nutzen, um zum Flugplatz nach Stüde zu kommen. Ich flitze also schnell über den Kanal und suchte bei Stüde nach einem Aufwind.

Leider war dem Vorhaben kein Erfolg beschieden. Also traf ich die Entscheidung: Ich lande in Stüde. Dann folge das übliche Programm: Gegenanflug, Queranflug, Endanflug und ran an den Boden. Mein lieber Astir und ich setzten butterweich und sicher auf der Wiese auf. Ich war stolz und traurig zu gleich, denn ich hatte eine sichere Entscheidung getroffen, aber verdammt, ich wollte ja 50 km fliegen!

Doch ich schöpfte Hoffnung, denn ich hatte schon von oben gesehen: Da steht eine Winde bereit…da könnte man doch… Hmmm, ich wagte zunächst gar nicht, den Gedanken fertigzudenken.

Während ich und „meine E7“ zum Start gezogen wurden, telefonierte ich sofort mit Jürgen: “Yallah, gib mal Flugauftrag! ;-)” Es wurde hin und her überlegt und Jürgen, der Haudegen, machte es möglich, dass mir der Stüder Fluglehrer noch einen neuen Flugauftrag ausstellte. Nur musste ich jetzt weiter. Von Stüde aus lautete das neue Ziel in 50 km nicht mehr Gardelegen, sondern Stendal, da nur so mehr als 50km Strecke absolviert werden können. Irgendwie fand ich das amüsant, denn nun musste ich Gardelegen nicht mehr suchen und vielleicht winkte ja wieder ein Erdbeerkuchen in Stendal?

Schon den zuckersüßen Geschmack auf den Papillen der Zunge war ich hochmotiviert und nachdem ich mich bei meinen wirklich ganz lieben Gastgebern bedankt hatte, schwang ich mich dank Winde wieder in die Lüfte und fand tatsächlich einen gnädigen Bart. Wieder kreiste ich, doch schaffte es einfach auf keine Komforthöhe, sondern kam mit maximal 550 Metern über den Wald hinter Stüde. Bei Lessien etwas weiter im Osten war der Bart auch nur noch ein undankbarer Nullschieber. Jeder Fliegerkamerad wird mir bestätigen: Komfortzone ist anders. Normalerweise hätte ich mich damit auch bis zum nächsten Bart zufriedengegeben und mich einfach weiter vom Wind versetzten lassen. Doch die Windräder, auf die mich der Wind zutrieb, machten mich doch etwas nervös. Wie war das noch mit Sicherheitsabstand und Höhe? Ein Blick nach unten sagte mir auch: Nicht mal etwas zum Landen (passend zur Windrichtung usw.) gibt es hier.

Doch bei Ehra strahlte mich der perfekte Acker an: Frisch gepflügt, exakt in Windrichtung, riesig und ohne Hindernisse sollte der kleine Astir da gut reinpassen. Also war erneut eine Entscheidung fällig: Ich lasse mich nicht weiter auf diese Windräder zutreiben, fliege dorthin zu diesem Acker und suche in dessen Nähe nach Thermik. Wenn es nicht „geht“, dann gibt es eben meine erste echte Außenlandung auf einem Feld.

Gesagt getan. Und nein, natürlich fand ich keinen Aufwind, der meinen Astir mit mir drin gnädig hochgehoben hätte. Es war zum Weinen, aber was solls, führen wir die Entscheidung also konsequent zu Ende. Also flog ich den Acker artig ab, wie ich es gelernt hatte, machte eine Landeeinteilung, die jeden Fluglehrer Stolz gemacht hätte und landete wiederum sicher und weich auf dem Acker. Nur das plötzliche Abbremsen durch die gepflügte Erde war neu, das kannte ich von Landungen auf den meist harten Flugplätzen nicht.

Durchatmen und die Staubwolke verzieht sich wieder. Bin ich ok? Ja. Ist meine geliebte E7- äh A7- ok? Ja! Also rufe ich erst einmal in Wilsche an. Natürlich wussten dort alle dank Glidertracker und Co schon Bescheid und manchmal verfluche selbst ich still die Digitalisierung ;-). 

 

Ein Astir steht im Acker, ganz still und stumm...

“ Ich bin außengelandet!” vermeldete ich stolz meinem besten Fliegerkumpel Volker und plötzlich spürte ich, wie mir kurz die Tränen der Enttäuschung in die Augen schossen: “ Ich bin außengelandet und habe keine 50 km geschafft.” Nachdem ich meinen Standort verschickt hatte, durfte ich warten und die so trügerisch gutaussehenden Wolken (an die ich ja nie richtig rangekommen war) beobachten.

Moment mal, da kreist ja einer schön oben? Ach was habe ich geflucht!

Trotzdem wusste ich, dass ich mit diesem Flug ganz viel gelernt hatte und zweimal eine sichere und gute Entscheidung getroffen hatte. Daran musste ich mich immer wieder erinnern. Auch musste ich schmunzeln, weil ich aus den Stories anderer Segelflieger immer gehört hatte, dass man am besten eher am Rand des Ackers und in der Nähe einer Kneipe zu landen hat. Das macht das Abrüsten und Verstauen der Teile und die Bierversorgung einfacher. Nun: ich war MITTEN auf den Acker gegangen und das in „the middle of nowhere“. Also gab es keine Kneipe in Reichweite. Aber die Wahl der Mitte des Ackers war gut getroffen, auch nur wenige Meter mehr am Rand des Ackers hätte ich einen riesen Feldling erwischt. Daher: alles richtig gemacht! 

Und obwohl ich mich am Ende der Welt wähnte, stand plötzlich eine sichtlich geschockte Spaziergängerin mit Hund am Rande des Ackers. Ein Flugzeug, mitten auf dem Feld und eine Person, die unter der Tragfläche sitzt: Sie musste denken ich sei verletzt. Also sprang ich schnell auf, winkte freundlich und erklärte, dass alles gut ist. Nun siegte die Neugier der Spaziergängerin, ich zeigte meine E7 stolz vor und schon hatte ich in Andrea eine neue Freundin gefunden. Sie entschied, mit mir auf meine Rückholer zu warten und zu helfen, den Astir vom Acker zu holen. Ich freute mich über die nette Gesellschaft und Andreas Hund drehte eine bellende Runde um mein Flugzeug nach der anderen.

 

Andrea und ich...

Auf einmal brummt es über mir. Moment, das Geräusch kenne ich doch, das ist doch das typische Schraddeln einer Dimona. Ist ja klar, dass die hier herkommen.  Ich musste nicht lange überlegen, um zu wissen, dass ich Besuch aus Wilsche hatte. Zumindest resultierten daraus schöne Luftaufnahmen, die den Astir im Acker zeigen.

 

Luftaufnahme von Arne - die beiden Punkte rechts sind Andrea und ich ;-)

Tatsächlich haben mich dann meine Rückholer Volker, Arne und Lukas noch gefunden. Mit vereinten Kräften (gut, dass Andrea noch mit dabei war!) schoben wir die E7 vom Acker. Danach wurde er noch in den Anhänger verladen.

 

Abbauen...

Auch wenn es am Ende kein 50 km Flug geworden ist, so war es bisher mein größtes fliegerisches Abenteuer und hat mir so viel Freude und Spaß geschenkt. Wenn das jetzt so weitergeht, steht ja künftigen Erlebnissen nicht mehr viel im Weg ;-)

Das Wichtigste aber: Dieser Tag hat mir einen Quantensprung an Sicherheit und Erfahrung gegeben:

  1. Man fällt tatsächlich nicht vom Himmel, wenn man die Platzrunde verlässt.
  2. Ich bin in der Lage, gute und sichere fliegerische Entscheidungen zu treffen.
  3. Ich kann echt gut Landen- überall.
  4. Meine Ackerwahl ist gut.
  5. Und am allerwichtigsten: „Meine A7 und ich sind ein Spitzenteam“.

Ich bedanke mich herzlich bei (Reihenfolge in Occurence):

  • Sabine für den ersten schriftlichen Flugauftrag und die Flugberatung
  • Volker für die beste Unterstützung (moralisch und physisch beim Rückholen)
  • Die Kameraden in Stüde
  • Den Fluglehrer in Stüde für den zweiten, schriftlichen Flugauftrag
  • Jürgen für die Top Organisation eines zweiten Flugauftrags aus der Ferne
  • Der Stüder Winde samt Windenfahrer :D
  • Dem Acker
  • Andrea und Hund
  • Lukas und Arne
  • Meinem Sohn Jonathan für seine Geduld und seine Liebe (während Mama fliegen war)
  • Allen, die mich bis hierhin mit Geduld und Spucke gebracht haben.

Und ganz besonders an meine treue E7/ A7 :-)