19.07.: Erster echter Wertungstag
In der Rückschau konnten T und ich einen mehr oder minder erfolgreichen Tag erleben. Beim Gridaufbau nach der vorgegebenen Ordnung sah der Himmel über uns noch sehr trübe aus, doch schon kurz vor der angesagten Startbereitschaft rissen die Wolken auseinander und wir sahen zwischen den Wolkenlücken den blauen Himmel. Um 12:15 Uhr ging es tatsächlich los, es wurde gestartet. Zunächst mit mir in der Offenen Klasse, und kurze Zeit später startete auch die T.
Startreihenfolge... So sollen wir alle nacheinander raus.
Hierzu mal ein kleiner Exkurs, was eigentlich "Offene" und andere Klasse bedeutet:
Je nach Bauart des Segelflugzeuges werden diese in verschiedenen Klassen gewertet. Hauptkriterium ist die Spannweite, daneben gibt es noch einige andere Eigenschaften die für die Klasseneinteilung wichtig sind. Offene Klasse bedeutet, dass die Spannweite, das ist die Länge von Flügelspitze bis Flügelspitze, beliebig groß sein darf. Die größten Segelflugzeuge haben 30m Spannweite, das ist so viel, wie ein Flügel des A380 lang ist. Dazu dürfen diese Flugzeuge sich - so wie ich - mit Wasser schwerer machen, was uns größere Fluggeschwindigkeiten bringt. Dann gibt es die Doppelsitzerklasse, das sind alle zweisitzigen Segelflugzeuge, wobei die Spannweite nicht mehr als 20m sein darf. Die Clubklasse darf kein Wasser mitnehmen (außer das zum Trinken für die Piloten), die Spannweite ist dabei nicht begrenzt. Diese drei Klassen fliegen den Wettbewerb in Lüsse mit.
Startaufbau und letzte Vorbereitungen
Hurra, wir waren in der Luft und stiegen mit laufendem Motor auf eine Höhe von 600m. Diese Höhe hat auch die Wettbewerbsleitung festgelegt und gilt für die selbst startende Flugzeuge wie mich und natürlich auch für die vielen, vielen Segelflugzeuge ohne Motor. Die T hat keinen Motor und wurde deshalb von einem Motorflugzeug auf die Höhe von 600m geschleppt.
Die Luft flimmert bei der Hitze: T im Schlepp
Nachdem Gerrit meinen Motor aus gemacht und meine Antriebseinheit nach hinten in meinen Rumpf gefahren hat, wirkte meine Mannschaft doch ein bisschen angespannt. Ohne Motor fliegt ein Segelflugzeug ja ständig nach unten und wenn man länger fliegen möchte, dann muss der Pilot Gebiete finden, in denen die Luft nach oben aufsteigt. Solche Stellen nennen die Piloten einen Bart oder Thermikgebiet. Würde mein Pilot überhaupt keinen Bart finden, könnte er meinen Motor wieder anmachen oder müsste mich auf dem Flugplatz oder einem Acker landen lassen.
Heute war die Thermiksuche aber kein Problem und wir stiegen nach kurzem Suchen in der kräftigen Thermik auf ca. 1000m. Dabei redete Gerrit ständig über Funk mit einer meiner Brüder, dem Arcus T mit dem Kennzeichen GN. In ihm sitzen Gerrits langjähriger Teampartner Lars Hagemann mit seinem Copiloten Sören. Wir beide, die GF und die GN, wollen nämlich den ganzen Wettbewerb als Team gemeinsam fliegen und sich dabei gegenseitig die Bärte zeigen.
Das Teamfliegen hat heute über weite Strecken der knapp 400 km langen Flugaufgabe mehr oder weniger gut funktioniert. Laut Aufgabe durften wir heute von Lüsse aus in Richtung Harz nach Osterwieck, dann nach Sömmerda in Thüringen und von dort wieder zurück nach Lüsse. Aus einem mir unbekannten Grund durfte ich aber selten auf der selben Höhe wie GN fliegen, was ich und mein Pilot viel lieber gemacht hätten, aber die GN hat die meisten Bärte früher und/oder besser gefunden als es bei uns der Fall war. Das führte letztendlich dazu, dass die GN südlich von Köthen am Ende eines Bartes 250m höher als ich war und damit die Höhe für den Heimflug hatte. Mein Pilot und ich mussten alleine nach weiteren Bärten suchen und kamen deshalb etwas später in Lüsse an.
Für einen ersten Wertungstag ist aber das Ankommen das Schönste und Wichtigste.
Was die T nach dem Start so erlebte, darf sie natürlich selbst erzählen:
Nach einiger Wartezeit im Grid, da ja die beiden anderen Klassen vor mir starteten, ging es los. Hinter der Schleppmaschine (einer "Wilga") startete ich. Mein Pilot Florian und ich sollten mindestens 2 Stunden unterwegs sein. Erst Richtung Haldensleben und dann in den Süden und wieder nach Hause, die Strecke musste in den 2 Stunden möglichst groß werden. Die Aufwinden trugen uns bis zu einer Höhe von 1300 m und waren recht kräftig. Leider hat sich mein Pilot einmal verschätzt und wir kamen tiefer als gewünscht, so dass wir recht viel Zeit brauchten um wieder in größere Höhen zu gelangen. Die Aussicht mit den Wolken war grandios, auch meine Bodencrew bewunderte die Optik (und wie ich nachher gehört habe, wäre sie gern selbst geflogen). Um viertel vor fünf landeten wir wieder wohlbehalten in Lüsse am Flugplatz. Mit der Wertung war mein Pilot recht zufrieden, nur die Abgabe der Datei mit den GPS-Punkten war etwas hakelig, da natürlich alle Piloten gleichzeitig ihre Dateien übermitteln wollten. Danach wurde ich wurde liebevoll gewaschen und im Anhänger "zu Bett" gebracht. Und so warte ich jetzt auf den neuen Wertungstag.
Abends hatten wir einen grandiosen Vollmond zu bewundern, unter dessen Schein ich nächtigte und die klare Luft verspricht einen guten nächsten Wertungstag.